Feuerwerksgeschichte

Am 31. August 2025 j&auml;hrt sich der Geburtstag von Albertine Emma Rennebarth zum 180. Mal. Albertine wer&hellip;?! Der Name der kaiserlich-k&ouml;niglichen Kunstfeuerwerkerin ist auch in pyrotechnischen Fachkreisen nur wenigen gel&auml;ufig. Und dennoch: Albertine Rennebarth ist eine der bedeutendsten Pers&ouml;nlichkeiten der Geschichte der Feuerwerkerei im deutschsprachigen Raum. Sie war die erste Frau, die die Pr&uuml;fung zur Kunstfeuerwerkerin am k&ouml;niglich-preu&szlig;ischen Feuerwerks-Laboratorium ablegte. Damit ist sie vermutlich die erste staatlich gepr&uuml;fte Pyrotechnikerin Deutschlands &ndash; und hatte erhebliche Signalwirkung f&uuml;r die Emanzipation der Frauen in der Pyrotechnik und weit dar&uuml;ber hinaus.
160 Jahre nach ihrem Deb&uuml;tfeuerwerk scheint die Feuerwerkerei vielen noch immer ein m&auml;nnlich dominiertes Feld zu sein. Der Eindruck tr&uuml;gt nicht: Von den rund 2.000 Mitgliedern im Bundesverband f&uuml;r Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. (bvpk) geben nur 3% an, keine M&auml;nner zu sein (&ldquo;weiblich&rdquo; oder &ldquo;divers&rdquo;). Gleichzeitig gilt: Es gibt keine T&auml;tigkeit und keinen Beruf, der per se einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen w&auml;re. Genauso wie Geschlechter selbst soziale Konstruktionen sind, sind es auch die Bilder, die wir von bestimmten gesellschaftlichen Feldern oder Berufen haben. Auch Interessen und Fertigkeiten werden weitestgehend durch gesellschaftliche Erwartungen geformt, nicht etwa durch ein angeborenes biologisches Geschlecht. Berufliche &bdquo;M&auml;nnerdom&auml;nen&ldquo; sind also das Ergebnis gesellschaftlich definierter Rollenbilder. Wenn wir diese Rollenbilder als solche erkennen und hinterfragen, f&uuml;hrt dies zu &Ouml;ffnung und Chancengleichheit.
Per se m&auml;nnlich ist auch die Pyrotechnik dementsprechend nicht. &Auml;hnlich anderer Berufsfelder (z.B. das Handwerk, die Naturwissenschaften oder die Informatik), die lange m&auml;nnerdominiert waren, und es zum Teil auch heute noch sind, gilt es auch die Feuerwerkerei bewusst zu &ouml;ffnen und zug&auml;nglicher f&uuml;r Menschen zu machen, die keine M&auml;nner sind. Dies bedarf der bewussten Anstrengung von Einzelpersonen, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem bvpk.
Albertine Rennebarth musste sich ihrerzeit mit m&auml;nnlichem Chauvinismus und Macho-Kultur auseinandersetzen. Dabei triumphierte sie und &uuml;berzeugte sowohl die Fachwelt als auch die breite &Ouml;ffentlichkeit von ihren F&auml;higkeiten. Und so gibt es auch heute viele Personen, die sich nicht als M&auml;nner verstehen und erfolgreiche Pyrotechniker:innen sind. Diese Beispiele sind Inspiration und Vorbilder und k&ouml;nnen dabei helfen, die kontempor&auml;re Feuerwerkerei offener, vielf&auml;ltiger und damit zu einem noch sch&ouml;neren Hobby und Beruf f&uuml;r zehntausende Menschen zu machen. In diesem Sinne Gedenken wir der Pionier- und Lebensleistung der ersten Pyrotechnikerin Deutschlands. Wir bedanken uns dabei herzlich bei Christine Helm, die mit ihren Recherchen das Erinnern an Albertine Rennebarth erst erm&ouml;glicht und den Grundstein daf&uuml;r legt, ihre Verdienste ins kollektive Ged&auml;chtnis zu bringen.
<h3>Zeiten des Umbruchs</h3>
Wir schreiben das Jahr 1845. In Europa schreitet die Industrialisierung voran; der technische Fortschritt, vor allem in Bergbau und Verkehrswesen, beginnt Wirtschaft und Gesellschaft auch in den Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes zu ver&auml;ndern. Gleichzeitig f&uuml;hren der Niedergang &auml;lterer Gewerbezweige, Missernten und steigende Preise zu Armut und Hunger. Die politische Elite des Bundes unter F&uuml;rst von Metternich sieht sich zunehmend mit liberal-demokratischen, fr&uuml;hsozialistischen und nationalistischen Bewegungen konfrontiert.&nbsp;
Die Prachtfeuerwerke des Absolutismus, die den Herrschenden vor allem als Mittel zu Selbstinszenierung dienten, sind zu dieser Zeit bereits Geschichte. Pyrotechnik begleitet jedoch weiterhin festliche Anl&auml;sse; nun auch die des B&uuml;rgertums und der entstehenden Arbeiterklasse. Schaustellende tragen in dieser Phase entscheidend dazu bei, dass Feuerwerke f&uuml;r weite Teile der Bev&ouml;lkerung erlebbar sind. Erste Manufakturen fertigen Kleinfeuerwerk an, welches zum Jahreswechsel und zu anderen Anl&auml;ssen, etwa dem Geburtstag von Friedrich Wilhelm III., von der Bev&ouml;lkerung abgebrannt wird. In der Regel folgen viele Feuerwerke jedoch nach wie vor dem barocken Prinzip, mit pyrotechnischen Stilmitteln historische oder mythologische Ereignisse nachzustellen. Mehr noch als heute wird die Feuerwerkerei als maskulines Berufsfeld wahrgenommen: Frauen sind in der Regel passive Zuschauerinnen; das Entwickeln, Aufbauen und Durchf&uuml;hren pyrotechnischer Darbietungen &ndash; also das aktive &bdquo;Feuerwerken&ldquo; &ndash; obliegt den M&auml;nnern.&nbsp;
<h3>Erste Schritte in Berlin&nbsp;</h3>
Am 31. August wird Albertine Emma Rennebarth in der Berliner Linienstra&szlig;e Nr. 115 als siebtes von acht Kindern des Schlossermeisters August Ludwig Rennebarth (1809-1865) und Margarethe geb. Huber (1809-1887) geboren. Schon in jungen Jahren zeigt Albertine ein ausgepr&auml;gtes Interesse an Technik, Mechanik und Chemie. Mit 14 Jahren beginnt sie eine sechsj&auml;hrige Ausbildung bei einem erfahrenen Feuerwerker. Sie lernt nicht nur den sicheren Umgang mit Schwarzpulver und Effekts&auml;tzen, sondern auch die Dramaturgie eines gelungenen Feuerwerks. Im Rahmen der Ausbildung reist sie zum ersten Mal in ihre sp&auml;tere Wahlheimat Magdeburg. Im Jahr 1865 schlie&szlig;t sie ihre Lehre mit einer erfolgreichen Examenspr&uuml;fung vor der Artillerie-Kommission des k&ouml;niglich-preu&szlig;ischen Feuerwerks-Laboratoriums in Berlin Spandau ab &ndash; als erste Frau &uuml;berhaupt.
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/10391e17-5aba-41d6-b2ab-11d41e1da2b9.jpg?width=605&amp;height=398" alt="Abbildung 1_Albertine">
Abbildung 1:&nbsp;Zeitgen&ouml;ssische Darstellung des Feuerwerkslaboratoriums auf der Insel Eiswerder, Berlin-Spandau (Postkarte gelaufen 1910)
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/4078ae28-e9a6-4125-a3ca-f51361f18c1a.png?width=249&amp;height=248" alt="Abbildung 2">
Abbildung 2: Siegelmarke der K&ouml;nigl. Pr. Direction d. Feuerwerks-Laboratorium zu Spandau von ca. 1850 bis 1945
Am 12. September 1867 brennt Albertine Rennebarth ihr erstes &ouml;ffentliches Feuerwerk in &bdquo;Krug&rsquo;s Garten&ldquo; am Berliner Landwehrkanal (damals: &bdquo;Neuer Kanal&ldquo;) ab. Eine Gro&szlig;anzeige in der Vossischen Zeitung k&uuml;ndigt sie explizit als &bdquo;erste k&ouml;niglich gepr&uuml;fte und concessionirte Kunst-Feuerwerkerin&ldquo; an. Hauptattraktion des Feuerwerks ist eine etwa zw&ouml;lf Meter hohe rotierende Konstruktion, die vermutlich einer Kombination aus Kaleidoskop und Feuerwerksrad gleicht. Nachgestellt wird au&szlig;erdem die Schlacht von Sadowa, bei der Preu&szlig;en ein Jahr zuvor siegreich aus dem Deutsch-Deutschen Krieg gegen &Ouml;sterreich und seine Verb&uuml;ndeten hervorgegangen war. Zeitgen&ouml;ssische Berichte loben die Inszenierung insbesondere hinsichtlich der &bdquo;lieblichen Farben&ldquo; und &bdquo;prachtvollen Schw&auml;rmer&ldquo;. Ihr Deb&uuml;t verschafft Albertine Rennebarth erste Anerkennung in Fachkreisen und best&auml;tigt sie darin, die Feuerwerkerei professionell weiterzuverfolgen.&nbsp;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/c31110a0-5caf-4849-aa8c-d83cb6b16a4f.jpg?width=511&amp;height=373" alt="Abbildung 3">
Abbildung 3: Ank&uuml;ndigung von Albertine Rennebarths erstem &ouml;ffentlichen Feuerwerk (Vossische Zeitung, Berlin 11.09.1867)
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<h3>Feuerwerk und Vorurteil</h3>
Ein Jahr sp&auml;ter zieht Albertine nach Magdeburg, das als eine der bedeutendsten Festungsst&auml;dte Preu&szlig;ens gilt. Sie ist zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Johann Friedrich Anton Schwiegerling (1811-1889), einem Puppenspieler, Turmseilg&auml;nger, Kunstreiter, Parterreakrobat und Pyrotechniker aus der angesehenen Artistenfamilie Schwiegerling, betreibt sie hier ein ausgedehntes Gesch&auml;ft mit Feuerwerksk&ouml;rpern. Von Beginn an befinden sich darunter auch einzelne Feuerwerksk&ouml;rper, die zum eigenst&auml;ndigen Abbrennen durch Privatpersonen vertrieben werden. Ihr erstes Magdeburger Feuerwerk brennt sie am 11. Mai im Schweizer Salon, dem sp&auml;teren Konzerthaus, ab. Hier kommt es unmittelbar zum Wettbewerb mit dem ans&auml;ssigen Feuerwerker Charles Marechal, welcher ihr &ndash; und allen Frauen &ndash; &ouml;ffentlich die F&auml;higkeit abspricht, gro&szlig;e Feuerwerke zu fertigen und abzubrennen. 
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/44abf421-cdfc-4929-9dbf-2b7d4b9d1d96.png?width=914&amp;height=614" alt="Abbildung 4">
Abbildung 4: Verlautbarung von Charles Marechal (Magdeburgische Zeitung 14.08.1868)
Albertine k&uuml;ndigt daraufhin ein weiteres Feuerwerk f&uuml;r den 31. August, ihren eigenen Geburtstag, an und fordert Marechal zum Wettbewerb heraus. Dieser stellt sich diesem Wettbewerb nicht. Albertine, hingegen, festigt auf diese Weise ihren Ruf als ernstzunehmende, selbstbewusste K&uuml;nstlerin. Konkurrenz und Konfrontationen mit m&auml;nnlichen Pyrotechnikern, welche ihr mehr oder weniger unverhohlen, aufgrund ihres Geschlechts, die F&auml;higkeit zum Feuerwerken aberkannten, sind auch f&uuml;r die weiteren Jahre ihrer Karriere dokumentiert.
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/a4701cce-bfcb-4007-8563-9d314248e838.png?width=885&amp;height=798" alt="Bild5">
Abbildung 5: Albertine Rennebarth fordert Charles Marechal (Magdeburgische Zeitung 16.08.1868)
<h3>Albertine Superstar&nbsp;</h3>
Eine Vielzahl von Zeitungsberichten aus der zweiten H&auml;lfte des 19. Jahrhunderts zeugen vom Erfolg der Albertine Rennebarth in der Aus&uuml;bung ihrer pyrotechnischen Profession. Bis zum Beginn des Deutsch-Franz&ouml;sischen Krieg im Mai 1870 sind rund 40 ihrer Feuerwerke in Magdeburg dokumentiert. Hier erreicht Albertine den Status einer lokalen Ber&uuml;hmtheit. Der Ausruf &bdquo;Albertine, noch &rsquo;ne Jrine!&ldquo; [Albertine, noch eine gr&uuml;ne (Rakete)!] ist bei ihren Feuerwerken im Schweizer Salon/Konzerthaus, im Herrenkrug, dem Friedrich Wilhelms-Garten anderen Festpl&auml;tzen allgegenw&auml;rtig. Sie engagiert sich f&uuml;r soziale Belange, indem sie regelm&auml;&szlig;ig Benefiz-Feuerwerke durchf&uuml;hrt, deren Erl&ouml;s Waisenh&auml;usern oder Hinterbliebenen von Soldaten zugutekommt.&nbsp;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/a0c56634-370f-4f5c-a668-eb2df108be8d.png?width=598&amp;height=355" alt="Abbildung 6">
Abbildung 6: Gedicht "Albertine, noch &rsquo;ne Jriene" (Generalanzeiger Magdeburg 25.06.1904)
Im 1871 gegr&uuml;ndeten Deutschen Kaiserreich unter Bismarck werden ihre F&auml;higkeiten auch au&szlig;erhalb der Region nachgefragt. Daran &auml;nderte auch die ab 1873 eintretende Weltwirtschaftskrise wenig. So sind insbesondere f&uuml;r die sp&auml;ten 1870er und fr&uuml;hen 1880er Jahre mehr Feuerwerke in anderen St&auml;dten, unter anderem Bremen, Aachen, Stuttgart, M&uuml;nchen, Leipzig, Stettin und Breslau, dokumentiert als in Magdeburg. Presseberichte heben hervor, dass ihre Feuerwerke h&auml;ufig als die besten der Saison gelten. Des Weiteren sind Reiset&auml;tigkeiten nach Kopenhagen, Amsterdam, Paris und Wien nachgewiesen. Es steht zu vermuten, dass Albertines K&uuml;nste auch im Ausland nachgefragt werden. Die Tatsache, dass eine Frau pyrotechnische Glanzleistungen erbrachte, werden nun auch positiv konnotiert, so wie bspw. im Tagblatt aus Landshut vom 16. Juni 1877:&nbsp;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/c8cc2d4d-9cf3-4eb2-bced-110eba60d7fb.png?width=941&amp;height=663" alt="Abbildung 7">
Abbildung 7: Zeitgen&ouml;ssische Einordnung des Wirkens Albertine Rennebarths Beitrag zur "Frauen-Emanzipation" (Kurier f&uuml;r Niederbayern/Tagblatt aus Landshut 16.06.1877)
Die Arbeit war nicht ohne Risiko: Eine Explosion im Jahr 1887 zerst&ouml;rt gro&szlig;e Teile ihrer Ausr&uuml;stung und fordert das Leben einer Assistentin. Albertine, ihr Bruder und ein weiterer Angestellter tragen leichte Verbrennungen davon. Sie reist nun seltener durch das Kaiserreich und f&uuml;hrt den Gro&szlig;teil ihrer Feuerwerke in Magdeburg durch. Am 17. Juli 1889 verliert Albertine ihren Gesch&auml;fts- und Lebenspartner Anton Schwiegerling. Er stirbt an einem Magen- und Darmkatarr im Alter von 78 Jahren.&nbsp;
1890 feiert sie ihr 25. Berufsjubil&auml;um mit einem Benefiz-Feuerwerk in Magdeburg. Der Generalanzeiger und die Magdeburgische Zeitung bewerben dies wie folgt: &bdquo;Die Leistungen der Dame, welche nicht nur hier, sondern auch in anderen gro&szlig;en St&auml;dten Deutschlands vortheilhaft bekannt sind, erfreuen sich in Magdeburg gr&ouml;&szlig;ter Beliebtheit, und im Laufe ihrer 25j&auml;hrigen Th&auml;tigkeit ist Frl. Rennebarth unter der famili&auml;ren Bezeichnung &bdquo;Albertine&ldquo; bei Alt und Jung popul&auml;r geworden. So d&uuml;rfte, gutes Wetter vorausgesetzt, n&auml;chsten Donnerstag am Ehrenabend Frl. Rennebarth&acute;s ein den Garten des Concert-Hauses bis auf den letzten Platz f&uuml;llenden Publicum seine Sympathien der K&uuml;nstlerin in herzlicher Weise zum Ausdruck bringen.&ldquo;
Mit 51 Jahren (1896) leidet Albertine unter zunehmender Beeintr&auml;chtigung ihres Geh&ouml;rs. Sie bleibt jedoch aktiv und unternimmt vereinzelt noch l&auml;ngere Reisen, etwa nach Dortmund, Giebichenstein bei Halle, Saale und Bromberg (heute Bydgoszcz). Am 05. Juli 1905 feiert sie ihr 40. Berufsjubil&auml;um, einen Monat sp&auml;ter, am 13. August, ihr 500. Feuerwerk.&nbsp;
W&auml;hrend des I. Weltkrieges (1914 &ndash; 1918) fanden keine Feuerwerksveranstaltungen statt. Viele der Etablissements wurden in Lazarette umfunktioniert. Welcher Besch&auml;ftigung Albertine in dieser Zeit nachging ist nicht bekannt. Ihr erstes Feuerwerk nach dem Krieg schie&szlig;t sie, nun 74 Jahre alt, am 24. August 1919 im Kurort Bad Elmen bei Magdeburg. Im Juli 2021 kehrt sie an ihre alte Wirkungsst&auml;dte, das Konzerthaus in Magdeburg, zur&uuml;ck und schie&szlig;t in den Sommermonaten mehrere Feuerwerke. &nbsp;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/e25c0a4a-ca69-4172-99b5-cd45ee96530f.png?width=597&amp;height=380" alt="Bild8">
Abbildung 8: Gesellschaftsgarten Bremers Konzerthaus, Postkarte
<h3>Verm&auml;chtnis</h3>
Albertine Rennebarth verstirbt am 2. Januar 1922 in ihrer Magdeburger Wohnung in der &nbsp;Halberst&auml;dter Stra&szlig;e 16c im Alter von 76 Jahren an einer Lungenentz&uuml;ndung. Sie hat zu diesem Zeitpunkt mehr als 560 Feuerwerke geschossen &ndash; eine Leistung, die zu dieser Zeit auch unter m&auml;nnlichen Pyrotechnikern selten ist. Ein Nachruf im Generalanzeiger Magdeburg vom 6. Februar ehrt sie als &bdquo;eine Pers&ouml;nlichkeit, die in ganz Deutschland durch ihre Meisterfeuerwerke bekannt war.&ldquo; 
Obwohl man in Zeitungsanzeigen oft von Albertine als &bdquo;der bis jetzt ersten und einzig gepr&uuml;ften kaiserlich-k&ouml;niglichen Kunstfeuerwerkerin&ldquo; las, war sie nicht die einzige Frau, die zu ihrer Zeit als Kunstfeuerwerkerin t&auml;tig war. So begann eine weitere k&ouml;niglich-preu&szlig;isch-konzessionierte Kunstfeuerwerkerin namens Ida Catharine Rosamunde Schiltsky, geb. Kuschwitz (1826-1901) nachweislich kurze Zeit nach Albertine ihre Laufbahn. Aufgrund ihres Erfolgs und ihrer &uuml;berregionalen Popularit&auml;t muss Albertine Rennebarth jedoch als Wegbereiterin f&uuml;r die Feuerwerkerinnen ihrer und vieler folgender Generationen angesehen werden.&nbsp;
Auch 2025 ist das Versprechen der Gleichberechtigung der Geschlechter nicht eingel&ouml;st - das belegen verschiedenste Zahlen zu Berufst&auml;tigkeit, Einkommen und Erziehung. Gleichzeitig gef&auml;hrden neokonservative bis neurechte Bewegung Errungenschaften eines ganzen Jahrhunderts. Die Feuerwerkerei haben diese Errungenschaften nur sehr bedingt erreicht: Sie ist auch 150 Jahre nach Albertine Rennebarths Geburt ein stark m&auml;nnlich dominiertes Feld. Das Verm&auml;chtnis der vermutlich ersten Feuerwerkerein Deutschlands bleibt Auftrag, die Ausschlussmechanismen, die diese Dominanz begr&uuml;nden, zu untersuchen und aktiv zu sein f&uuml;r eine offenere, inklusivere und damit lebenswertere Feuerwerkskultur.

Zum 180. Jahrestag der Geburt von Albertine Emma Rennebarth gedenken wir der Pionierleistungen der ersten Pyrotechnikerin Deutschlands. Auf Grundlage aktueller Recherchen zeichnen wir ihren Lebensweg nach und tragen dazu bei, ihre Verdienste ins kollektive Gedächtnis zu bringen.

Ist Feuerwerk Frauensache?

Vor zwei Wochen hat der Bundesrat &uuml;ber Gesetzesentw&uuml;rfe zur &Auml;nderung des Sprengstoffgesetzes (SprengG) abgestimmt. Unter anderem wurde dabei die <a href="https://bvpk.org/aktuelles/sprengg-bundesrat-bmi" target="_blank" rel="noopener">bestehende Rechtslage bekr&auml;ftigt</a>, die den B&uuml;rgerinnen und B&uuml;rgern zu Silvester gestattet, am 31. Dezember und 1. Januar Feuerwerksk&ouml;rper der Kategorie F2 zu verwenden.&nbsp;
Das SprengG regelt die Verwendung von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenst&auml;nden in Deutschland. Wie alle Gesetze ist auch das SprengG dem Zeitgeist unterworfen und hat somit seit seinem ersten Entwurf vielfach &Auml;nderungen erfahren. Derzeit arbeitet das Bundesministerium des Innern und f&uuml;r Heimat an einer umfassenden Novellierung des SprengG. In diesem Zusammenhang werden einerseits Forderungen laut, die Verwendung von Feuerwerk weiter einzuschr&auml;nken, andererseits die diesbez&uuml;glichen Regulierungen zu lockern (s. dazu auch die <a href="https://media.bvpk.org/doc/BVPK_Positionspapier_SprengG_Silvesterfeuerwerk.pdf" target="_blank" rel="noopener">Positionierung des bvpk</a>).&nbsp;
<h3>Das Feuerwerk vor dem SprengG</h3>
In Mitteleuropa wurde das neue Jahr bereits in vorchristlicher Zeit mit L&auml;rm und Feuer gefeiert. Feuerwerk gelangte Ende des 14. Jh. in den deutschsprachigen Raum und wurde Bestandteil verschiedener Feste &ndash; nicht nur des Jahreswechsels. Das am besten dokumentierte Beispiel daf&uuml;r ist der <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Schembartlauf" target="_blank" rel="noopener">Schembartlauf</a>, eine N&uuml;rnberger Fastnachttradition, die erstmals f&uuml;r das Jahr 1449 belegt ist. Ab dem 15. Jh. wurde Feuerwerk ein Privileg des Adels und diente vor allem der Selbstinszenierung sowie der h&ouml;fischen Unterhaltung. Als fr&uuml;her Vorl&auml;ufer des SprengG kann die von Kaiser Karl V. 1533 erlassene &bdquo;Feuerwerker-Ordnung&ldquo; gelten. Mit dem Niedergang des Absolutismus zum Ende des 18. Jh. wurde Feuerwerk nach und nach breiten Bev&ouml;lkerungsschichten zug&auml;nglich: Feuerwerk wurde zun&auml;chst zum Statussymbol des B&uuml;rgertums, zum Ausdrucksmedium der Schaustellenden und schlie&szlig;lich zum symbolischen Konsumgut der Arbeiterklasse. Zum Jahreswechsel ersetzte es immer mehr das bis dahin &uuml;bliche Gewehrschie&szlig;en. Der erste dem bvpk bekannte Nachweis f&uuml;r die Verwendung von Kleinfeuerwerk durch die Allgemeinheit zum Jahreswechsel ist auf das Jahr 1802 datiert.&nbsp;
Seine Bl&uuml;tezeit erlebte die Produktion von Kleinfeuerwerk in Deutschland w&auml;hrend der &bdquo;Goldenen Zwanziger Jahren&ldquo;. Etwa 200 pyrotechnische Betriebe stellten Feuerwerksk&ouml;rper zum Selberz&uuml;nden her, machten dabei weltweit neuartige Erfindungen (bspw. die Reibz&uuml;ndung f&uuml;r Knallk&ouml;rper und Handfont&auml;nen) und exportierten ihre Produkte (insbesondere Tischfeuerwerk) in die ganze Welt. W&auml;hrend des Dritten Reichs dienten Feuerwerke wiederum der Inszenierung von Macht und Herrschaft. Zwei Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Feuerwerk zum Selberz&uuml;nden, mit Ausnahme von Tischfeuerwerk, Knallkorken &amp; Co., von den Nationalsozialisten verboten. W&auml;hrend des Kriegs herrschte f&uuml;r Privatpersonen ein strenges Verwendungsverbot im Freien.
<h3>Von weihnachtlicher Einkehr, innerer Sicherheit und Gleichbehandlung</h3>
Acht Jahre nach Kriegsende wurden Feuerwerksk&ouml;rper in der neu gegr&uuml;ndeten <a href="#_ftn1" target="_blank" rel="noopener">Bundesrepublik</a> wieder f&uuml;r die Allgemeinheit zugelassen und dabei erstmals in f&uuml;nf verschiedene Klassen unterschieden. F&uuml;r die Verwendung der Klassen III, IV und V wurde eine Erlaubnis notwendig, die Klassen I und II blieben erlaubnisfrei. Alle weiteren Regulierungen in Sachen Feuerwerk waren Angelegenheit der Bundesl&auml;nder. Die Verwendung von Feuerwerk der Klassen II und III (letztere wurde damals offiziell als &bdquo;Gartenfeuerwerk&ldquo; bezeichnet und als Solches <a href="https://issuu.com/feuerwerkskiste/docs/moognico-1960?mode=window&amp;viewMode=doublePage" target="_blank" rel="noopener">beworben</a>) war in weiten Teilen der Republik das ganze Jahr &uuml;ber erlaubt und bei Gartenfesten, Hochzeiten und anderen festlichen Anl&auml;ssen popul&auml;r.
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Es steht zu vermuten, dass die Verwendung von Feuerwerk zu festlichen Anl&auml;ssen in den&nbsp; Wirtschaftswunderjahren zunahm. Bis 1969 wurde dies ausschlie&szlig;lich durch die gesetzliche Nachtruhe eingeschr&auml;nkt. Im Jahr 1969 stimmte der Bundesrat der Einf&uuml;hrung eines &Uuml;berlassungsverbots von Feuerwerk vom 1. bis 26. Dezember &ndash; man wollte damit eine "stille Weihnachtszeit" gew&auml;hrleisten. Die Einschr&auml;nkung trat 1970 in Kraft und wurde zwei Mal, 1974 und 1976, auf den Zeitraum 1. November bis 28. Dezember erweitert.&nbsp;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/dbcbbdff-7220-423f-99cd-0286ed6ba83c.png?width=502&amp;height=127" alt="04 1. Spreng V &sect;21">
Im Jahr 1976 stimmte der Bundesrat zu, die Regulierungen der L&auml;nder zum Umgang mit Sprengstoffen durch ein bundeseinheitliches Gesetz zu ersetzen &ndash; es war die Geburtsstunde des Sprengstoffgesetzes (SprengG). Zur &Uuml;bertragung der diesbez&uuml;glichen Gesetzgebungskompetenz an den Bund wurde eine Anpassung des Grundgesetzes notwendig. Beides wurde vom Bundesrat in der 437. Sitzung am 16. Juli unterst&uuml;tzt. Bemerkenswerterweise geschah dies laut des damaligen Bundesinnenministers Werner Maihofer (FDP) aus Gr&uuml;nden der <a href="https://dserver.bundestag.de/brp/437.pdf" target="_blank" rel="noopener">&bdquo;Bek&auml;mpfung des Terrorismus und der Gewaltkriminalit&auml;t&ldquo;</a>. Inwiefern in Kleinfeuerwerk verbautes Schwarzpulver bei damaligen Raub&uuml;berf&auml;llen und Terroranschl&auml;gen tats&auml;chlich Verwendung fand, darf bezweifelt werden. Ausschlaggebend d&uuml;rfte vielmehr das Bestreben nach bundeseinheitlichen Regelungen aus Gr&uuml;nden der Gleichstellung gewesen sein, wie aus der Begr&uuml;ndung des Rechtsausschusses es Bundestags hervorgeht:
<a href="https://dserver.bundestag.de/btd/07/051/0705101.pdf" target="_blank" rel="noopener">&bdquo;Um die im Sprengstoffwesen f&uuml;r den privaten Verwendungsbereich bestehenden unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen insbesondere im Interesse der Gleichstellung der B&uuml;rger und des Schutzes vor Gefahren und Bel&auml;stigungen zu vereinheitlichen, soll der Bund verfassungsm&auml;&szlig;ig in die Lage versetzt werden, den genannten Bereich einheitlich zu regeln [...]."</a>&nbsp;
Aus dem Bundesinnenministerium hei&szlig;t es damals:
<a href="https://dserver.bundestag.de/btp/07/07256.pdf" target="_blank" rel="noopener">&bdquo;Diese Grundgesetz&auml;nderung wird uns die M&ouml;glichkeit geben, der Rechtszersplitterung auf dem Gebiet des Sprengstoffrechts ein Ende zu machen.&ldquo;</a>
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/247d8894-df58-4fed-911d-b19114c426f2.png?width=538&amp;height=738" alt="01 Gg &Auml;nderung">
<h3>Feuerwerk nur an Silvester &ndash; damals wie heute kontrovers</h3>
Ein Jahr sp&auml;ter, am 14. Oktober 1977, folgte in der <a href="https://dserver.bundestag.de/brp/450.pdf#P.281" target="_blank" rel="noopener">450. Sitzung</a> des Bundesrats die Verabschiedung der Ersten sowie der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. und 2. SprengV) &ndash; und damit erstmals die Beschr&auml;nkung des Gebrauchs von Kleinfeuerwerk auf den Jahreswechsel. Zur Begr&uuml;ndung f&uuml;hrt das Bundesinnenministerium an:
&bdquo;Ziel dieses Verbots [der Verwendung au&szlig;erhalb des 31.12. und des 1.1.] ist es unter anderem, die L&auml;rmbel&auml;stigung w&auml;hrend des Jahres mit Ausnahme der Sylvesterzeit einzuschr&auml;nken.&ldquo;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/2116a831-ad4c-49b5-92ac-80a51c9c0580.png?width=525&amp;height=772" alt="03 1. Spreng V Anschreiben">
Das bestehende &Uuml;berlassungsverbot w&auml;hrend der (Vor-)Weihnachtszeit sollte dabei nicht ver&auml;ndert werden. Trotz des neuen Verwendungsverbots war vorgesehen, dass Feuerwerksk&ouml;rper der Klasse II das ganze Jahr &uuml;ber erh&auml;ltlich bleiben &ndash; mit Ausnahme des Zeitraums 1. November - 28. Dezember. Das Bundesinnenministerium begr&uuml;ndete dies&nbsp;<a href="https://cms.bvpk.org/assets/afa91c05-8507-4b83-9bcd-c5e6d6bb9e07.pdf" target="_blank" rel="noopener">wie folgt</a>:
&bdquo;Gegen die Einf&uuml;hrung eines ganzj&auml;hrigen Vertriebsverbots sprechen folgende Gesichtspunkte: Das Abbrennen solcher Gegenst&auml;nde vollzieht sich im wesentlichen anl&auml;sslich von Gartenfesten, Familienpartys und dergleichen im h&auml;uslichen Bereich, zum Beispiel im Hof oder Garten, sodass in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass eine &ouml;ffentliche Bel&auml;stigung nicht stattfindet. Au&szlig;erdem verursachen vereinzelt abgebrannte Feuerwerksartikel keinen gesundheitssch&auml;dlichen Dauerl&auml;rm mit hohem Ger&auml;uschpegel. Das Verbot m&uuml;sste dar&uuml;ber hinaus weitgehend unwirksam bleiben, da sich die interessierten Personenkreise diese Gegenst&auml;nde auf andere Weise beschaffen werden, insbesondere durch Einkauf in den vertriebsfreien Zeiten, durch Einfuhr aus dem benachbarten Ausland in denen diese Gegenst&auml;nde frei erworben werden k&ouml;nnen, sowie durch zunehmende Eigenherstellung. Infolgedessen l&auml;sst sich durch ein solches Vertriebsverbot eine etwaige missbr&auml;uchliche Verwendung nicht ausschlie&szlig;en. Im &uuml;brigen w&uuml;rde ein ganzj&auml;hriges Vertriebsverbot dazu f&uuml;hren, dass die Gegenst&auml;nde &uuml;ber l&auml;ngere Zeiten in den Haushalten bevorratet und dadurch unerw&uuml;nschte Unfallgefahren hervorgerufen werden. Auch muss mit zus&auml;tzlichen Unf&auml;llen bei der Eigenherstellung durch Privatpersonen gerechnet werden.&ldquo;
Auch der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates wandte sich gegen das auf eine Beschr&auml;nkung des Vertriebs von Feuerwerksk&ouml;rpern. Die&nbsp;<a href="https://cms.bvpk.org/assets/bb9152c8-2f24-4e65-a605-4292c6146770.pdf" target="_blank" rel="noopener">Begr&uuml;ndung</a> lautet:
&bdquo;Eine Ausdehnung des derzeit vom 1. November bis 28. Dezember bestehenden Vertriebsverbots f&uuml;r pyrotechnische Gegenst&auml;nde der Klasse II auf praktisch das ganze Jahr erscheint weder aus Gr&uuml;nden des Gefahren- noch des Umweltschutzes erforderlich. Nennenswerte Mi&szlig;st&auml;nde, die ein solches Verbot rechtfertigen k&ouml;nnten, sind nicht bekannt geworden. Abgesehen davon w&uuml;rde die &Uuml;berwachung des Verbots die Polizei- und Ordnungsbeh&ouml;rden mit weiteren nicht unbedingt erforderlichen Aufgaben belasten.&ldquo;
Auch das vom Bundesinnenministerium initiierte Verwendungsverbot wurde 1977 kontrovers diskutiert. Der <a href="https://cms.bvpk.org/assets/bb9152c8-2f24-4e65-a605-4292c6146770.pdf" target="_blank" rel="noopener">Wirtschaftsausschuss des Bundesrats widersprach</a> explizit der neu eingef&uuml;hrten Beschr&auml;nkung den Jahreswechsel:
&bdquo;F&uuml;r ein solches Verbot [Verwendungsverbot zwischen dem 2. Januar und dem 30. Dezember] besteht kein Bed&uuml;rfnis, da derartige Feuerwerksk&ouml;rper [der Klasse II] w&auml;hrend der &uuml;brigen Zeit des Jahres nur in geringem Ma&szlig;e anl&auml;&szlig;lich von Gartenfesten, Polterabenden und &auml;hnlichen Veranstaltungen verwendet werden und bisher keine nennenswerten Ruhest&ouml;rungen verursacht haben. Die gegebene Begr&uuml;ndung, da&szlig; dieses Verwendungsverbot weitgehend mit den zur Zeit geltenden landesrechtlichen Verboten &uuml;bereinstimmt, trifft in dieser Form z. B. f&uuml;r Nordrhein-Westfalen nicht zu.&ldquo;
<img src="https://cms.bvpk.org/assets/d51c81e0-fbfc-4e7b-803a-870079e746dd.png?width=484&amp;height=160" alt="05 1. Spreng V &sect;23">
Der Gesetzesentwurf wurde wie vom Bundesinnenministerium entworfen verabschiedet: Das erlaubnisfreie Lustfeuerwerk f&uuml;r Alle wurde auf Silvesterfeuerwerk reduziert (die bereits damals angestrebte Beschr&auml;nkung des Vertriebs auf die letzten drei Werktage im Jahr erfolgte erst 1987). Der festliche Akt Feuerwerk zu gebrauchen erhielt damit eine neue Konnotation: Der Jahresabschluss bot einen gesellschaftlich akzeptierten Anlass, einmal &ldquo;&uuml;ber die eigenen Verh&auml;ltnisse&rdquo; zu leben und damit die eigenen Leistungen und Entbehrungen zu w&uuml;rdigen. Bereits damals von manchen christlichen Kirchen als &bdquo;Verschwendung&ldquo; gegei&szlig;elt, erf&uuml;llte das Silvesterfeuerwerk von hier an den Zweck der Belohnung und Kompensation f&uuml;r getane Arbeit, f&uuml;r geleistetes und erlebtes. Der &bdquo;symbolische Konsum&ldquo; von Silvesterfeuerwerk wurde zum Sinnbild dieses kurzzeitigen Ausstiegs aus dem Leistungsprinzip. Der Silvestertag wie auch das Feuerwerk wurden dadurch in ihrem Charakter als &bdquo;Ausnahmeerscheinungen&ldquo; best&auml;rkt und aufgewertet.
<h3>SprengG &ndash; Quo vadis?</h3>
Auch in den sp&auml;teren Jahrzehnten war die Geschichte des SprengG zumeist eine Geschichte der sukzessiven Restriktion. Dies gilt nicht nur f&uuml;r die grunds&auml;tzlichen Bestimmungen &uuml;ber Vertrieb und Verwendung, sondern auch f&uuml;r die Feuerwerksk&ouml;rper an sich: Manche Feuerwerksk&ouml;rper sind mit der Zeit aus dem Gebrauch f&uuml;r die Allgemeinheit ausgeschlossen worden (Knallk&ouml;rper auf Basis von Blitzknallsatz, Schw&auml;rmer), andere wurden in ihrer Effektivit&auml;t stark begrenzt (Raketen, Knallk&ouml;rper auf Basis von Schwarzpulver). Eine Ausnahme dazu stellt die Umsetzung der EU-Richtlinien&nbsp;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32007L0023" target="_blank" rel="noopener">2007/23/EG</a> und <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32013L0029" target="_blank" rel="noopener">2013/29/EU</a> dar: Wesentliches Ziel darin war die Angleichung der Sicherheitsanforderungen an Feuerwerksk&ouml;rper innerhalb der Mitgliedsstatten. Dadurch wurden vereinzelt Satzmengen f&uuml;r bestimmte Feuerwerksk&ouml;rper erh&ouml;ht (etwa f&uuml;r das Batterie- und Leuchtfeuerwerk) und der freie Warenverkehr auf dem EU-Binnenmarkt erm&ouml;glicht. Der Allgemeinheit steht somit heute eine gr&ouml;&szlig;ere Vielfalt an erlaubnisfreien Feuerwerksk&ouml;rpern zur Verf&uuml;gung als jemals zuvor.
Davon unbenommen verf&uuml;gt Deutschland heute jedoch &uuml;ber eine der <a href="https://media.bvpk.org/doc/so/2024_bvpk_kurzinfo_feuerwerk_europa.pdf" target="_blank" rel="noopener">strengsten Gesetzgebungen zu Feuerwerk in ganz Europa</a>: Nur sieben von 27 Mitgliedstaaten der EU beschr&auml;nken die Nutzung von Feuerwerk der Kategorie F2 auf den Jahreswechsel. Anders als in Deutschland gelten in den meisten europ&auml;ischen L&auml;ndern au&szlig;erdem weitgehend &auml;hnliche Regelungen f&uuml;r die Verwendung von Feuerwerksk&ouml;rpern der Kategorien F2 und F3. Die europ&auml;ische Perspektive ebenso wie die historischen Beweggr&uuml;nde f&uuml;r eine bundeseinheitliche Regulierung (Gleichbehandlung der B&uuml;rgerinnen und B&uuml;rger unabh&auml;ngig vom Wohn- oder Aufenthaltsort, Vermeidung einer rechtlichen Fragmentierung) der Verwendung von Feuerwerksk&ouml;rpern durch die Allgemeinheit, gilt es bei der aktuellen Novellierung des SprengG im Blick zu behalten.
 
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<a title="" href="#_ftnref1" name="_ftn1">[1]</a> Der vorliegende Text zeichnet die Geschichte des SprengG in der Bundesrepublik Deutschland nach. Der bvpk dankt f&uuml;r Hinweise zu historischen Quellen bez&uuml;glich der Rechtsgrundlage in der ehemaligen Deutschen Demokratische Republik (DDR) an <a href="research@bvpk.org" target="_blank" rel="noopener">research@bvpk.org</a>.
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Die Beschränkung des Feuerwerks zum Selbstzünden auf den Jahreswechsel wird heute weithin als selbstverständlich angesehen - dabei ist sie keine 50 Jahre alt. Wie kam es zur Entstehung des Silvesterfeuerwerks, wie wir es heute kennen? - Wir haben in den Archiven von Bundestag und Bundesrat 
nachgesehen.

Kategorie: Feuerwerksgeschichte

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